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Blick auf den Canale Grande

Die Ferienzeit beginnt, Pfingstferien, Brückentage, Gelegenheiten wollen genutzt werden. Die Lieblingsziele für alle, die geografisch dem Süden näher als der Nord- und Ostsee sind? Gardasee! Toskana! Venedig! Dort kann man nicht nur vortrefflich baden, sightseen und „beim Italiener“ einkehren, auch Weinaffine kommen durchaus auf ihre Kosten. Und das nicht nur in Sachen Prosecco, Lugana, Chianti und Supertuscans! In den nächsten Wochen nehmen wir euch mit auf unsere italienische Sommertour und stellen euch ein paar unbekanntere und auch wiederentdeckte Anbaugebiete vor. Unsere erste Etappe führt uns nach Venedig und ins Umland der Serenissima. Die Sommerweine aus Venetien kommen aus fünf DOC und DOCG Gebieten der Region. Sie alle sind erfrischende Weine, die es sich zu entdecken lohnt.

Hidden Gems aus dem Hinterland: die Sommerweine Venetiens

Un pò di Rosso, signora? Nein danke, heute geht es bei uns (fast) nur um Weißwein! Und zwar um die Weine, die aus den DOC- und DOCG-Gebieten des venezianischen Hinterlands kommen. Es geht um fünf Appellationen, die (noch) zu den Geheimtipps zählen und die man zumindest nördlich der Alpen auf nur wenigen Weinkarten findet: Lison DOCG, DOC Venezia, DOC Piave und DOC Lison-Pramaggiore und Malanotte del Piave DOCG. Während einige dieser DOCs bereits seit den frühen 1970er Jahren bestehen, wurden die anderen Gebiete erst im Jahr 2011 ausgewiesen. Auch das Consorzio Vini Veneziani, das die Interessen aller fünf Zonen vertritt und das heute für eine jährliche Produktionsmenge von ca. 12 Mio. Flaschen steht (im Vergleich: im Jahr 2023 wurden in ganz Italien 38.3 Mio. Hektoliter Wein erzeugt. Damit ist Italien zweitgrößter Weinproduzent weltweit!), wurde damals gegründet. In den letzten Jahren hat die Bedeutung von Terroir und autochthonen Reben mehr und mehr zugenommen. Zahlreiche Studien wurden angestoßen, um die jeweils besten Standorte für die lokalen Rebsorten Raboso, Refosco, Lison und Manzoni bianco zu finden und auch zu sehen, welche Kellertechnik für die einzelnen Sorten am erfolgversprechendsten ist. Die Überlegungen haben sich durchaus gelohnt, wie unsere Verkostung zeigte. Diese Weine sind herrliche Sommerweine und allesamt vielseitige Essensbegleiter. Sie harmonieren mit Risotto ebenso wie mit Fisch- und Gemüsegerichten, stellen aber auch Fleischliebhaber zufrieden. Wer also eine Alternative zu Lugana oder Pinot Grigio sucht – schaut Euch mal im Veneto um und entdeckt die Sommerweine aus Venetien!

 

Manzoni Bianco ist eine der Rebsorten, die das Terroir der Piave DOC besodners gut zur Geltung bringen. Es handelt sich dabei um eine in den 1930er Jahren in Conegliano entstandene Kreuzung aus Riesling und Weißburgunder. Der 2021er aus dem Weingut Furlan besticht mit ansprechend würziger Birnenaromatik, am Gaumen lang, vielschichtig und von schöner Cremigkeit, präsente tropische Frucht. Der perfekte Begleiter zu einem Risotto mit Radicchio.

Bild: Andrea Heinzinger

DOC Piave

Eines der ersten klassifizierten Gebiete der Region war die DOC Piave, die im September 1971 eingeführt wurde. Sie erstreckt sich in der Ebene von den nordöstlichen Grenzen der Provinz Treviso mit Friaul bis zur Mündung des Piave-Flusses, von den Hügeln von Conegliano und Montello bis ins Hinterland von Venedig.

Die Gegend ist geprägt von einem milden Klima, die Sommer sind heißt, die Winter vergleichsweise mild. Kühle Nordostwinde sorgen für Temperaturschwankungen, die Aromatik der DOC Weine beitragen. Gerade Rebsorten wie Raboso del Piave, Manzoni Bianco und Verduzzo finden in diesem Klima und auf den mineralstoffreichen Böden beste Bedingungen. Im Norden herrschen steinige Sedimente vor, in der Mitte Ton und im Süden feiner Sand. Eine Besonderheit ist das traditionelle, Bellussera genannte Reberziehungssystem, das im 19. Jahrhundert in Tezze di Piave, in der Provinz Treviso, entstanden ist. Hier wuchsen Reben oft üppig und rankten sich an Maulbeerbäumen empor, was den Bauern erlaubte, darunter andere Nutzpflanzen anzubauen. Heute ist die Bellussera ein kostbares Erbe des Consorzio Vini Venezia, das die verbleibenden Rebstöcke schützt und das Wissen über diese traditionelle Methode aus Treviso bewahrt und fördert.

Diese „Bellussera“ genannte Reberziehung geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Früher rankten sich die Reben an Maulbeerbäumen hoch, heute nutzt man Holzgestelle, um die Reben bis zu vier Meter hoch zu leiten. Ein großer Vorteil: so sind die Reben vor der Bodenfeuchte geschützt und die Gefahr eines Peronospora-Befalls wird reduziert.

Foto: Consorzio Vini Venezia

LISON DOCG

Bereits 1971 wurde für den Tocai dieser Gegend der DOC-Status eingeführt, Lison DOCG-dagegen gibt es erst seit dem Jahr 2011. Das Produktionsgebiet liegt nur wenige Kilometer von der venezianischen Küste entfernt und erstreckt sich über die Provinzen Treviso, Venedig und Pordenone – übrigens die einzige DOCG Italiens, die sich über zwei Regionen erstreckt: Venetien und Friaul-Julisch Venetien.

Die Nähe zum Meer und die Lagunengebiete sorgt für ein mildes Klima, während die Winde (die Bora, ein kühler, trockener Wind, und der Scirocco, ein heißer, feuchter Wind) den Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht verstärken und somit die Entstehung zahlreicher aromatischer Nuancen fördern. Die Leitrebsorte der Region ist Tai (in Friaul als Friulano bekannt), die seit dem 19. Jahrhundert in der Region angebaut wird und die bis zum Jahr 2007 unter dem Namen Tocai friulano vermarktet wurde (ganz offiziell und ampelographisch heisst sie übrigens Sauvignonasse). Sie finden auf den von Caranto (Calciumcarbonat) und Ton geprägten, im Bereich der DOCG auch noch einmal deutlich mineralstoffreicheren Böden ideale Voraussetzungen.

Die Böden der DOCG Lison sind geprägt von einer „Caranto“-Schicht (Kalziumkarbonat) in etwa 30 bis 70 Zentimeter Tiefe. Darüber liegt eine lehmige Schicht.

Bild: Consorzio Vini Venezia

 

Lison Pramaggiore DOC

Auch Lison-Pramaggiore DOC entstand im Jahr 1971. Das Gebiet dieser DOC erstreckt sich über die Provinzen Pordenone, Treviso und Venedig, wobei die Grenzen im Osten vom Tagliamento und im Westen vom Livenza markiert werden.

Die geologischen und klimatischen Gegebenheiten gleichen denen der DOCG Lison und auch hier gibt der Tocai den Ton an. Interessant ist, dass es hier uralte Weinberge gibt, die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreichen und noch vor der Reblauskatastrophe gepflanzt wurden. Diese Rebstöcke sind ebenso einzigartig wie das ganz besondere Reberziehungssystem, das man hier noch vereinzelt pflegt: das sog. Cassone Padovano, ist ein altes System, das einst von Benediktinermönchen eingeführt wurde.

 

DOC Venezia

Die DOC Venezia gibt es seit Anfang 2011 Sie erstreckt sich über den östlichen Teil der Region Venetien, in den Provinzen Venedig und Treviso. Die Anwesenheit der Dolomiten im Norden, des Adriatischen Meeres und der Lagunengebiete im Süden sowie die Exponierung gegenüber den Winden sorgen das ganze Jahr über für ein mildes, gemäßigtes Klima.

Die DOC umfasst Weiß-, Rot- und Roséweine aus internationalen und einheimischen Rebsorten, Leitrebe der etwa 20.000 Hektar umfassenden DOC aber ist der Pinot Grigio (Grauburgunder). Die Böden der DOC Venezia sind glazialen und fluvialen Ursprungs. Sie wurden durch die Ablagerung alluvialer Materialien gebildet, die aus der Auflösung der alpinen Gletscher und der Wirkung der Flüsse Piave und Livenza resultieren, die durch das Produktionsgebiet fließen. Im Norden sind sie durch das Vorhandensein von Kiessedimenten gekennzeichnet; weiter in der Mitte wird die Textur feiner durch das Vorhandensein von Schluff und Ton, und es gibt Vorkommen von Quellen. Im Süden finden sich zunehmend sandige Ablagerungen.

Bacaro in Venedig

Weißwein und ein paar feine Häppchen – so sieht ein Aperitivo in einem der venezianischen Bacarì aus. Hier mit der typischen Stockfischcreme auf Brot und im Glas eine Weißwein aus der DOC Venezia. So geht Sommerwein in Venetien!

Bild: Andrea Heinzinger

 

Malanotte del Piave DOCG

Dieses DOCG-Gebiet gibt es seit Anfang 2011. Es erstreckt sich entlang des Piave-Flusses von den nordöstlichen Grenzen der Provinz Treviso bis zur Mündung, von den Hügeln von Conegliano und Montello bis ins Hinterland von Venedig. Das milde Klima begünstigt warme Sommer und moderate Winter.

Das Aushängeschild der DOCG ist die rote Rebsorte Raboso. Früher nannte man ihn ‚vin da viajo‘, den Wein für Reisen. Heute wird Raboso mit einem 15 bis 30 prozentigen Anteil von getrockneten Trauben bereitet. Die DOCG-Regularien verlangen eine Reifezeit von mindestens 36 Monate, davon mindestens 12 Monate in Holzfässern. Die Böden, von Gletschern und dem Piave-Fluss geformt, haben im Norden einen hohen Anteil an Skelettmaterial, im Zentrum Ton und im Süden feinen Sand.

Der Name Malanotte geht auf das Dorf Borgo Malanotte in Tezze di Piave, dem Zentrum der Malanotte DOCG-Produktion, zurück. Dieses Dorf, seit 1600 in Besitz der Adelsfamilie Malanotti aus Trentino, war der Ausgangspunkt für die florierende Weinproduktion und den Handel mit dem Raboso-Wein.

Raboso, © Alberto Barosco

Der klassische, traditionelle Raboso ist ein eher rauhbeiniger, dennoch charmanter Geselle. Moderner ist die Interpretation der DOCG Malanotte. Hier arbeitet man mit einem Anteil getrockneter Trauben – ein bisschen nach dem Vorbild des Valpolicella. Die Raboso-Trauben werden dafür nach der Lese zunächst einige Zeit auf Strohmatten getrocknet. Das in der Frucht enthaltene Wasser verdunstet und die Aromen konzentrieren sich in diesen „Rosinen“.

Foto: Alberto Barosco, Consorzio Vini Venezia

Danke an das Consorzio Vini Venezia für das zur Verfügung gestellten Verkostungs- und Bildmaterial!

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