Catarratto, mon amour
Die weiße Rebsorte Catarratto ist sehr weit verbreitet in Italien, sie ist dort sogar die zweithäufigste überhaupt. Vorallem auf Sizilien wächst sie mit viel Erfolg. Dass sie bei dabei immer noch ein bisschen unter dem Radar fliegt, hat sich er damit zu sein, dass sie in erster Linie in Cuvée verarbeitet wird. Dabei zeigen reinsortigen Catarratto-Weine, dass diese Sorte durchaus etwas zu sagen hat!
Ich habe mich verliebt. Hals über Kopf und unendlich. Er ist Sizilianer … kein südländischer Hitzkopf, auch kein Latin Lover. Mehr so der zurückhaltende Typ, einer mit inneren Werten und, jetzt lachst du, einem ziemlich kratzigen, leicht salzigem (Meeresbrise!) Dreitagesbart. Sein Name? Catarratto! Du sagst, das ist doch ein Wein? Mag sein, aber ich wäre nicht die erste, die sich von einem bello bianco den Kopf verdrehen lässt. Denk doch nur einmal an den leider überstrapazierten Kurt Tucholsky, der so sehr bedauerte, den ihm angebotenen Frankenwein (seinerzeit übrigens aus Iphofen) nicht streicheln zu können.
Jetzt aber mal Klartext. Wer ist dieser Catarratto?
Catarratto, der sich mitunter auch Carricante, Catarratteddu, Catarratto Bianco Lustro oder Castellaro nennt, ist eine der zahlreichen autochthonen (also nur dort vorkommenden) italienischen Rebsorten (davon gibt es übrigens an die 1.000, von denen etwa 400 für DOC Weine zugelassen sind).
Er wird fast ausschließlich in Sizilien (dort vor allem im Westen in den Provinzen Palermo, Trápani und Agrigent) kultiviert (sonst nur noch in Kalifornien, sic!). Immerhin nahezu ein Drittel der (mit 112.700 Hektar riesigen!) sizilianischen Rebfläche ist mit Caratto bepflanzt. Das macht Catarratto zur zweithäufigsten Rebsorte Italiens! Und obwohl er die Hauptsorte der sizilianische DOC Weine Alcamo, Marsala, Menfi und Santa Margherita di Belìce ist, kennt man ihn außerhalb Italiens so gut wie nicht? Werfen wir einen Blick auf seine Vergangenheit.
Er gilt als eine der ältesten Rebsorten der Insel und ist offenbar, so das Ergebnis einer Studie aus dem Jahr 2007, der Vater der Rebsorten Garganega und Grillo (natürliche Kreuzung mit Muscat d’Alexandrie, auch bekannt als Zibbibo. Auch liesen sich genetische Übereinstimmungen mit vielen anderen alten italienischen Rebsorten nachweisen, darunter Mantonico Bianco (Kalabrien), Susumaniello (Apulien), Malvasia di Candia (Mittelitalien), Trebbiano (Toskana) Albana und Mostosa (Romagna) sowie Dorona und Marzemina (Venetien). Er ist also ganz schön herumgekommen, der Gute. Dennoch, in der Vergangenheit wurde er nur selten reinsortig ausgebaut. Vielleicht stand ihm da seine spröde Natur, die fehlende Frucht im Weg – seine Kinder sind in dieser Hinsicht um einiges charmanter. Bis heute ist eine der tragenden Säulen des Marsala, auch im Etna bianco DOC spielt er eine wichtige Rolle. Aber reinsortig? Abgesehen von den lokalen, in der Regel einfachen „Trinkweinen“ fand man lange Zeit keine Catarratto-Weine mit Ambitionen. Allmählich aber wendet sich das Blatt und immer mehr Winzer, vor allem auch aus dem Natur- und Bioweinbereich, lassen sich auf ihn ein.
Wie schmeckt der geheimnisvolle Sizilianer?
Frucht? Fehlanzeige! Zumindest keine sanfte Primärfrucht wie beim Grillo zum Beispiel oder beim (in Sizilien ebenfalls sehr beliebten) Chardonnay. Ein bisschen Zitrus, nicht ganz reife Quitte, vielleicht ein bisschen Birne, aber das spielt hier keine größere Rolle, das entspricht nicht seinem Naturell. Das zeigt sich eher in der straffen Struktur, der klaren und prägnanten Säure, einer vielschichtigen Kräuterwürze. Und das Erstaunlichste: dieser Wein hat sagenhafte Nehmerqualitäten! Kombinier ihn mit Meeresfrüchten, mit Sardinen oder mit Artischocken, Topinambur – was einem anderen Wein im Nu das Genick brechen würde, spornt den Catarratto zu Höhenflügen an. Er steht da wie eine Eins. Boxt sich durch, einfach so … und sieht dabei noch verdammt gut aus!
Catarratto ist dein Wein, wenn du …
… gerne würzige, straffe und überhaupt nicht fruchtige Weine magst. Wenn du es liebst, wenn ein Wein dich herausfordert und sich dir nicht auf den ersten Schluck hingibt.
Wenn Du aber gerne „was mit Frucht“ im Glas hast, einen schmelzigen, üppigen Weißweintypus liebst (Chardonnay, Lugana oder Bukettsorten wie Bacchus, Müller-Thurgau etc.) wirst du mit diesem Sizilianer wohl leider nicht glücklich werden.