Was macht einen Wein zum Spitzenwein? Seine Herkunft, in allen Facetten: der Weinberg, der Winzer und die Rebsorte entscheiden letztendlich über die Qualität. Oder wie es Hugh Johnson gestern bei der Vorstellung von VDP.Weinberg.Online auf den Punkt brachte: „where, who, what“ sind die drei Säulen eines Weins. Und damit sind wir bereits mitten im Thema: der Status Quo der Einzellagen in Deutschland und warum das ein nicht unheikles Thema ist.Als Hugh Johnson an der ersten Ausgabe seines berühmten Weinatlas arbeitete, stellt er fest, dass (anders als für Burgund und auch Bordeaux) für die besten deutschen Weinlagen kein zufriedenstellendes Kartenmaterial zu bekommen war. Denn auch wenn die Winzer seit Generationen über die besonderen Eigenschaften und auch die Güte eines einzelnen Weinberges Bescheid wussten (und sich das auch in den Preisen der betreffenden Flurstücke niederschlugen) – in die offizielle Kartierung floss das nicht ein. Die Namen der Einzellagen freilich waren bekannt und lange Zeit auch auf den Etiketten zu finden, eine qualitative Differenzierung allerdings fehlte. Das Deutsche Weingesetz von 1971 fasste dann viele der kleinen Lagen zu Großlagen (die oft den Namen einer bekannten Einzellage tragen) und diese wiederrum zu Bereichen zusammen. Dies sollte die Vermarktung erleichtern und dem Verbraucher einen gewissen Wiedererkennungswert bescheren. Und ob ein Wein von einfacher oder herausragender Qualität ist, regelte ab 1917 die Klassifizierung in Tafelwein, QbA und Prädikatswein (Kabinett, Spätlese, Auslese etc.). Mit anderen Worten: nicht die Lage, nicht das in späteren Jahren so oft in die Diskussion eingebrachte Terroir und offiziell auch nicht der Erzeuger entschieden über die Qualität, sondern einzig und allein der Zuckergehalt, der Oechsle-Wert. Von diesem Qualitätsbegriff wieder zurück auf die Idee der Einzellage zu kommen, das war ein langer und nicht schmerzfreier Weg, dessen Anfänge bis in die frühen 1980er Jahre reichen.Eine Station, die es lohnt genauer zu betrachten, war die heute schon beinahe als legendär geltende VDP-Mitgliederversammlung im Jahr 1994, bei der u.a. Hugh Johnson die Forderung nach einer neuen Lagenkartierung ausdrücklich bestärkte. Und die dazu führte, dass 1996 im sog. VDP.Manifest der Gesetzgeber aufgefordert wurde, eine neue Lagenklassifikation einzuführen. Und die einige Pfälzer Weingüter dazu motivierte, 1997 mit einer „Erkärung zur Lage“ an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Rest ist Geschichte und detailliert auf der Website des VDP nachzulesen.
Nun also die nach vier Jahren intensiver Arbeit veröffentlichte digitale Lagenkarte, die prominente Einzellagen genau abgrenzt und lokalisiert. Basierend auf den Informationen der derzeit knapp 200 im VDP organisierten Winzer sind insgesamt 771 Weinbergslagen erfasst, davon sind 428 VDP.GROSSE Lagen und 324 VDP.ERSTE LAGEN. Auf den digitalen Karten (Kober-Kümmerly & Frey) sind diese Einzellagen rot und violett hervorgehoben, die gesamte Weinbaufläche wird grün angezeigt. Zu jeder Einzellage finden sich weitere Infos: die dort produzierenden VDP-Winzer sind verlinkt, zahlreiche Fakten und Daten geben darüber hinaus Auskunft über Steilheit, Höhe, Ausrichtung, Boden und Klima, auch historische Fakten, Fotos und weiteres Wissenswerte wurden zusammengetragen. Entstanden ist ein einzigartiges, digitales Kompendium, das übrigens weltweit derzeit seines Gleichen sucht: nicht einmal in Burgund, einst das leuchtende Vorbild in Sachen Lagenklassifizierung gibt es so eine interaktive Karte! „VDP.Weinberg.Online ist das derzeit umfangreichste Online-Lagen-Kompendium weltweit. Es steckt neue Maßstäbe beim Zugang zu Informationen und Metadaten von Weinregionen“, sagte VDP-Geschäftsführerin Hilke Nagel. Und Steffen Christmann, Präsident des VDP, betont: „„Die VDP.Prädikatsweingüter sind mit VDP.Weinberg.Online, gerade was Detailliertheit und Informationstiefe angeht Vorreiter in einem Bereich, in dem die Weinwelt noch sehr verhalten unterwegs ist“, so Christmann. „Wir scheuen uns auf dem Weg der Klassifikation auch nicht einen Zwischenstand in Karten konkret nachvollziehbar darzustellen, wohlwissend, dass der Klassifikationsprozess weiter in Bewegung ist. Der VDP kämpft seit seiner Gründung im Jahr 1910 für die Qualität des deutschen Weines und seine Herkünfte – der Weg ins digitale Zeitalter ist dabei ein weiterer Meilenstein.“
Hugh Johnson fordert seit Jahrzehnten eine Dokumentation der deutschen Einzellagen.
Jede Einzellage wird in Wort & Bild detailliert dokumentiert.