ProWein 2017 – Teil 1
Wurde in den letzen Jahren über deutschen Wein berichtet, stand in aller Regel König Riesling im Mittelpunkt. Er war es, der in Form grandioser Großer Gewächse und (edel)süßer Preziosen deutschen Wein lazarusgleich wieder auf das internationale Weinparkett gebracht hatte. Und der sich auch in seiner Heimat zur Lieblingsrebe engagierter Weinliebhaber mauserte. Jetzt aber, und das wurde uns auf der ProWein schnell an klar, bekommt die traditionelle Spitzenrebe ernsthafte Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Silvaner (übrigens nicht nur aus Franken) und überraschenderweise auch Weißburgunder outen sich als Konkurrenten auf Augenhöhe. Sicher, diese beiden Rebsorten können wahnsinnig langweilig und nichtssagend sein. Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl, tollem Terroir und einer guten Prise winzerlicher Leidenschaft aber laufen die als „neutral“ verschrieenen Sorten zu Höchstform auf. Vorallem im Naturweinbereich finden sich spannende Interpretationen.
Silvaner rules.
Unter dem Motto „Best of Silvaner by WeinPlus.de“ stellte weinplus-Chefverkoster Markus Hofschuster am Frankenweinstand seine 11 deutschen Silvanerfavoriten des Jahrgangs 2015 vor und wurde damit dem Claim des fränkischen Weinbauverbandes, „Weine mit Charakter“, mehr als gerecht. Die Auswahl umfasste Weine aus Franken und auch Rheinhessen und spannte sich von Ludwig Knolls (Weingut am Stein) intensivem, von würzigen grünen Noten und viel Schmelz getragenem Stettener Stein Silvaner GG über den maischevergorenen, im großen Holz vinifizierten Silex (Wein gut Krämer), den von gelben Gewürznuancen durchdrungenen Sulzfelder Maustal Silvaner GG (Weingut Zehnthof Familie Luckert) bis hin zum „Querkopf“ aus dem rheinhessischen Weingut Schätzel, einem wahren Silvaner-Monument: natural und die Erwartungen an einen „harmlosen“ Silvaner auf den Kopf stellendem Wein.
Eines war am Ende klar: keiner dieser 11 Weine ist ein harmloser, neutraler Geselle, hier waren echte Charaktere am Start. Weine, die es einem, auch das geben wir unumwunden zu, nicht auf den ersten Schluck leicht machen, Wein, die umworben werden wollen und die Zeit brauchen. Zeit, um zu reifen und auch Zeit, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Lässt man sich aber darauf ein, ist die Überraschung groß.
Weißburgunder – wachgeküßt!
Nicht nur Silvaner gilt als neutrale Weinsorte, die irgendwie immer passt, auch Weißburgunder eilt dieser Ruf voraus. Zu indifferent, zu primärfruchtig und zu wenig in die Tiefe gehend präsentieren sich die meisten Weine dieser Rebsorte. Dass sich aber auch aus dem Weißburgunder viel herausholen lässt, zeigen vorallem naturnah bzw. ökologisch produzierte Weine. Schon als Naturwein, also ohne bzw. nur mit minimalem Schwefelzusatz, unfiltriert und eventuell auf der Hefe gereift, gewinnt der Weißburgunder an Profil. Einen echten Aroma-Boost aber verleiht ihm die Maischevergärung und siehe da, der harmlos fruchtige „Weißwein für alle Gelegenheiten“ kann ja doch anders! Würziger, ohne mit aufdringlich vordergründiger Frucht zu prahlen. Vielschichtiger, ohne sich in der Komplexität zu verlieren. Für uns ist der Weißburgunder ganz klar eine der nächsten Trendsorten!
Nostalgie im Glas…
Wer weiß, vielleicht ist es eine Gegenreaktion gegen die sich immer mehr durchsetzenden, hochkomplexen und zugegebenermaßen nicht unkomplizierten Terroir- und Naturweine? In jedem Fall sind Bukettsorten und Weine mit deutlicher Restsüße wieder da! So lud das Deutsche Weininstitut DWI unter dem Motto „Bursting with flavors“ zur Verkostung aromastarker Weißweine aus lange eher misstrauisch beäugten Bukettsorten wie Bacchus, Muskateller, Huxelrebe oder auch Muskat-Trollinger. Eine Renaissance erleben in diesem Zusammenhang auch die klassisch fruchtsüßen Kabinettweine von der Mosel. Wie aromatisch und von verführerisch gutem Trunk diese „leichten Möselchen“ (aus der Veranstaltungsankündigung…) sind, zeigte die amtierende Gebietsweinkönigin Lisa Schmitt am Stand von Moselland e.V..