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Pet Nat – Pétillant Naturel

Pet Nat ist die Abkürzung für Pétillant Naturel. Das heißt auf französisch „natürlich perlend“ und bezeichnet Schaumweine, deren Perlage (also die Kohlensäurebläschen) das Ergebnis einer Flaschengärung nach der sog. Méthode Rurale (auch Méthode Ancestral) ist. Pet Nat ist oft trüb, aber nicht immer. Er ist trocken, kann aber auch eine Restsüße aufweisen, die Aromatik kann fein und duftig sein – genausogut kann die Aromatik aber auch an oxidierten Apfel- oder Quittensaft erinnern. Pet Nat kann also vieles sein – und er darf das auch: es gibt hierzuland keine eindeutige Definition durch das Weingesetz, auch die Art und Weise der Produktion ist bislang nicht geregelt.

Petillant Naturel: die ursprünglichste Art der Flaschengärung.

Anders als bei der aus der Champagnerbereitung bekannten Flaschengärung (bei der ein fertiger Grundwein bzw. eine Assemblage verschiedener fertiger Grundweine mit erneuter Hefe– und Zuckerzugabe ein zweites Mal vergoren wird) wird beim Pet Nat der bereits gärende Most in eine druckstabile Flasche gefüllt, um dort weiter zu gären. Die während der Gärung entstehende Kohlensäure verbleibt in der Flasche und „schon“ ist der Sprudel fertig. Je nach Zeitpunkt der Füllung in die Flasche bzw. je nach dem, wieviel Zucker noch in dem Most enthalten ist, entsteht mehr oder weniger Kohlesäure: ein Pet Nat kann also ebenso ein leicht moussierender Perlwein wie ein kräftiger sprudelnder Schaumwein sein. Auch führt diese Art der handwerklichen und sehr traditionellen Weinbereitung dazu, dass es durchaus Abweichungen von Flasche zu Flasche gibt.

Bug or Feature? Pet Nat können von Flasche zu Flasche variieren.

Das ist im Fall des Pet Nat keineswegs ein Fehler, sondern wird gerne als Merkmal der Ursprünglichkeit, des Authentischen ins Feld geführt. Das Gelingen eines Pet Nat hängt sehr stark vom Fingerspitzengefühl des Kellermeisters, von der Wahl des richtigen Zeitpunkts und auch davon ab, aus den analytischen Werten des in der Regel spontan vergorenen Ausgangsmosts das weitere Gärverhalten gekonnt zu berechnen und einzuschätzen. Das Endprodukt ist mitunter wild, oft aber auch ganz zahm: die Bandbreite reicht von trüb bis kristallklar, von sanft perlend bis heftig schäumend. Alles in allem also ein Produkt, in dessen Eigenheiten man sich erst einmal einschmecken muss. Bevor man – vorausgesetzt man ist Naturweinen gegenüber positiv eingestellt – dann sein Herz an diese feinen, authentischen und dank der oft fehlenden Schwefelzugabe überaus bekömmlichen Naturperlen verliert…

Eine französische Erfindung.

Die Methode kommt aus Frankreich und ist dort seit langem bekannt. Zum Beispiel wird im südwestfranzösischen Limoux der restsüße Blanquette méthode ancestral (seit 1938 eine geschützte AOC) nach dieser Art vergoren. Die neue Generation von Naturweinen, die diese Methode nutzt, aber hat ihren Ursprung im Loiretal. Im Keller von Christian Chaussard (Domaine du Briseau – ein Urgestein der französischen Naturweinszene und leider im Jahr 2012 viel zu früh verstorben) nahm in den 1990er Jahren ein nicht filtrierter Wein in der Flasche noch einmal Fahrt auf und es entwickelte sich durch die sich weiter fortsetzende Gärung ein Perlwein. Das, so zumindest die Legende, war Mitte der 1990er Jahre die Geburtsstunde des Pet Nat, ein paar Jahre später prägte Chaussard dann auch den Begriff „Pet Nat“. Ob wahr oder einfach gut erfunden spielt heute keine Rolle mehr: die Idee findet bei immer mehr Winzern auch international Gefallen.

Wer macht ihn, wer trinkt ihn?

Pet Nat ist die neue Spielwiese, auf der sich vorallem Jungwinzer tummeln, ganz besonders all jene, die ihren Weg fernab von Reinzuchthefen und Konventionen gehen. Sie sehen darin zum einen eine handwerkliche Herausforderung, zum treffen sie mit dieser erfrischenden Sortimentserweiterung durchaus den Geschmack einer neuen, hippen und urbanen Kundengeneration. Denn es sind gerade experimentierfreudige, jüngere und nicht zuletzt Naturwein-affine urbane Weinkäufer, die die natürlich schäumende Prosecco-Alternative zu schätzen wissen.  Sie sind, wie eine aktuelle Studie der Hochschule Geisenheim zeigt, die Hauptkundschaft für Pet Nat. Noch aber ist der Pet Nat bei weitem kein Standardgetränk, noch ist die sprudelnde, sehr oft naturtrübe Erfrischung ein eher hochpreisiges Nischenprodukt. Der Handelspreis liegt bei immerhin 10 bis 20 Euro pro Flasche und damit klar über dem Durchschnittspreis, der für konventionelle Schaumweine aufgerufen wird.

Trotz Nischendasein ein Exportschlager.

Ein kleiner und kontinuierlich wachsender Markt für Pet Nat aber ist da, auch wenn aktuell das Gros der in Deutschland erzeugten Pet Nats noch in den Export geht. Vor allem in Skandinavien, Japan, Großbritannien und den USA sind diese Weine gefragt, was vermutlich daran liegt, dass diese Märkte generell ein Faible für Naturweine und handwerkliche Produkte haben. Aber auch auf dem deutschen Markt holen die Pet Nats allmählich auf und behaupten sich gegen Konkurrenzprodukte. Und dazu zählen überraschenderweise nicht nur Sekt und Prosecco: viele sehen Pet Nats als Alternative zu Cidre und Äppelwöi!

 

just B - ein Pet Nat von Stephan Kraemer - ©wein-abc

Knochentrocken, leicht und belebend: der Bacchus-Pet Nat des fränkischen Ökowinzers Stephan Kraemer.

Ein Pet Nat rosé von den Brand Brothers - ©wein-abc

Dass Pet Nat auch rosa kann, zeigen Jonas und Daniel Brand, die ‘fabulous Brand Brothers’ aus Bockenheim an der Weinstraße (Pfalz).

Ein Pet Nat aus dem Loiretal: Ze Bulle Zéro Point aus dem Weingut Château le Tour Grise - ©wein-abc

Die Idee des Pet Nat kommt aus Frankreich, wie auch dieser feingliedrige Wein aus dem Loiretal: der Ze Bulle Zéro Pointe aus dem biodynamischen Weingut Château La Tour Grise.

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