Bereits im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland Gesetze, die den Anbau, die Bereitung und auch die Vermarktung der Weine regulierten. Entscheidend für das uns vertraute Prädikatssystem aber sind das Deutsche Weingesetz aus dem Jahr 1969 sowie die Neufassung vom Juli 1971
- definierte die Weinqualität auf der Basis von Mindestmostgewichten (in Grad Oechsle)
- drei Güteklassen: Tisch- bzw. ab 1971 Tafelwein – Qualitätswein QbA – Qualitätswein mit Prädikat QmP
- Prädikatsweine sind Kabinett – Spätlese – Auslese – Beerenauslese – Trockenbeerenauslese – Eiswein
- Prädikate dürfen nur geführt werden nach erfolgter Prädikatsweinprüfung
1994 dann eine Neufassung, die zum einen Verantwortlichkeiten neu regelt und auch die Ertragsmengen neu definiert. Im Rückblick entscheidend aber ist die Einführung von regionalen Bezeichnungen. §23 erlaubt, dass bei QbA zusätzlich zu den Namen des bestimmten Anbaugebiets „die Namen von in die Weinbergsrolle eingetragenen Lagen und Bereichen, Namen von Gemeinden und Ortsteilen (…)“ angegeben sein dürfen. Das ist ein Novum, in dem sich ein grundsätzlicher Wandel ablesen lässt: es sind nicht mehr nur die Oechselwerte, die über die Güte eines Weines Auskunft geben – auch seine Herkunft gerät langs,an aber sicher in den Fokus. So wie es etwa in Frankreich in vielen Regionen grundätzlich die Regel ist: etwa beim burgundischen Lagensystem.
Kein Zufall also, dass gerade Burgund das große Vorbild ist, als der VDP Die Prädikatswinzer ab dem Jahr 1996 nach und nach beginnt, seine Maxime Herkunft zu festigen und die Idee der „Großen Lagen“ und „Ersten Lagen“ als private Klassifikation voranzutreiben. Mit den Marienthaler Beschlüssen von 2006 wird der Begriff „VDP.Erste Lage“ eingeführt, ebenso wie das Logo der Eins mit der Traube.
Auf der anderen Seite brachte die EU-Weinmarktverordnung, die im August 2009 in Kraft trat, entscheidende Veränderungen mit sich:
- Vereinheitlichung der Qualitätsstufen innerhalb der EU. So wird der Begriff „Tafelwein“ nun durch „Deutscher Wein“ ersetzt und
- die Kategorie „Deutscher Landwein“ als „Wein mit geschützter geografischer Angabe g.g.A.“ entsteht, 26 neue Landweingebiete werden ausgewiesen
Ende 2020 schließlich kommt Bewegung in das oechsle-getriebene System: der Deutsche Bundestag stimmt für die Änderung des Weingesetzes: zukünftig soll die Herkunft des Weines eine größere Rolle spielen: zugrundegelegt wird die sog. Herkunftspyramide von „Deutschem Wein“ bis zu Lagenwein, entscheidend sei, so der Gesetzgeber, „wo“ der Wein angebaut wird. Der Gesetzesvorlage wurde am 26. November 2020 vom Bundestag zugestimmt, jetzt geht es an die Umsetzung – und diese wird, so zeigten bereits die ersten sehr kontroversen Stimmen, sicher noch für dynamische Diskussionen hinsichtlich der Auslegung der Gesetzesnovelle sorgen. Inwieweit die bisher gültigen Prädikatsbezeichnungen dabei in den Hintergrund treten, wird sich zeigen – das Gesetz jedenfalls schließt die Prädikate nicht aus oder verbietet sie gar, wie stellenweise zu lesen war.